Sie leben im Verborgenen, auf verwaistem Fabrikgelände, Friedhöfen, in Scheunen oder am Waldesrand. Wild lebende Katzenpopulationen sind schon längst kein süd- oder osteuropäischer Anblick mehr; auch in Deutschland nimmt das Katzenelend dramatisch zu. „Land unter“ heißt es in vielen Tierheimen und die Tierschützer führen einen verzweifelten Kampf gegen die Massenvermehrung von Straßenkatzen. Leider unterstützen die meisten Städte und Gemeinden deren Bemühungen das Elend einzudämmen kaum – wie auch der aktuelle Fall zeigt.

Die Tierhilfs- und Rettungsorganisation e.V. aus dem südbadischen Ichenheim, die seit vielen Jahren verwilderte Katzen einfängt, kastrieren lässt und wieder an ihren ursprünglichen Plätzen in Freiheit entlässt, wurde im Oktober 2010 auf eine größere Population in der Nähe einer Autobahnraststätte an der A5 aufmerksam gemacht. Reisende beobachteten eine Gruppe herrenloser Tiere, darunter Katzenmütter mit ihrem Nachwuchs und recherchierten im Internet nach einem in der Nähe ansässigen Tierschutzverein. Das örtliche Tierheim lehnte jede Verantwortung ab und schließlich landete die Anfrage bei der THRO in Ichenheim, wo man schnelle Hilfe versprach. Vor Ort erfuhren die Tierfreunde der Tierhilfs- und Rettungsorganisation, dass die Katzen zwar von den Angestellten der Raststätte gefüttert werden, sich aber unkontrolliert fortpflanzen können. Nach Aussage der Mitarbeiter sollte es sich hier um eine Gruppe von 10 bis 15 Tieren handeln. Die Tierschützer bekräftigten erneut ihre Hilfe, und weil die Kosten für diese Kastrationsaktion für einen so kleinen Verein nicht zu stemmen sind, bat man in mehreren Presseaufrufen die Bevölkerung um Spenden. Das Einfangen der Katzen mittels speziell entwickelter Falle war eine Herausforderung, denn die Abende waren kalt und feucht, und damit die Tiere nicht stundenlang im Käfig verbringen mussten, blieben die Tierfreunde auf dem Gelände und konnten so innerhalb kürzester Zeit 31 Katzen einfangen und dem Tierarzt übergeben. 31 Tiere! Die Anzahl übertraf bei weitem die Voraussagen der Angestellten. Schnell wurde den Mitarbeitern der THRO klar, dass das Katzenrudel aus bis zu 50 Tieren bestehen könnte. Das war nicht nur in finanzieller Hinsicht ein Schock, auch der Anblick der vielen noch ganz jungen Tieren, manche erst 5-6 Wochen alt – erschütterte. „Wir werden uns weiter um die Katzen kümmern, diese einfangen und kastrieren lassen“, so Monika Ehrlacher, 2. Vorsitzende der THRO. „Das Hauptproblem bei der Überwachung des Katzenrudels ist die Tatsache, dass wir eben nicht vor Ort sind und nicht alle Entwicklungen mitbekommen“, konstatiert Monika Ehrlacher weiter. „Die tatsächliche Anzahl der Tiere ist uns einfach nicht bekannt.“ Aber die Hilfe geht weit über das übliche Kastrationsprogramm hinaus; inzwischen wurden auf dem Gelände der Raststätte gedämmte Holzboxen installiert, in denen die Tiere sich vor der bevorstehenden Kälte schützen können.

 

Gemeinde sieht sich nicht in der Pflicht

Durch Spendenaufruf und Pressemitteilung aufmerksam geworden ist auch der Rathauschef aus Mahlberg, der auf Nachfrage der örtlichen Zeitung zwar einräumt, dass die Raststätte auf seiner Gemarkung liege und somit in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinde falle, aber erst von dem Katzenrudel aus der Presse erfahren habe. „Da mich aber niemand direkt auf die Vorkommnisse angesprochen hat, werde ich vorerst nicht aktiv werden.“ Das mag aus rechtlicher Sicht legitim sein, zeigt aber wenig Solidarität mit den Tierschützern. Wenn man bedenkt, dass die Mitarbeiter der THRO unzählige Stunden in der Kälte verbrachten, um die herrenlosen Katzen einzufangen – und das alles nur zum Wohl der Tiere? Sicher nicht. Man mag sich kaum vorstellen, wie die Situation eskaliert, wenn hier nicht eingeschritten wäre. Dabei sollten Städte und Gemeinden aus Tierschutz- und aus Hygienegründen das Problem aktiv angehen. Denn Katzenpopulationen, die sich unkontrolliert vermehren, stellen auch ein „Problem der öffentlichen Ordnung“ dar, beispielsweise im Straßenverkehr. Tierschutz ist auch Menschenschutz. „Von Populationskontrolle“, bemerkt Ehrlacher, „profitieren am Ende alle – Tiere, Bürger und Behörden.“

 

Der Landesbeirat für Tierschutz ruft Gemeinden zur Mithilfe auf

Damit der Bestand wild lebender Katzen nicht unermesslich ansteigt, hat der Landesbeirat für Tierschutz Baden-Württemberg ein Informationspapier mit Empfehlungen herausgegeben und an jedes Rathaus im Bundesland verschickt. Nachhaltige Abhilfe könne nur eine systematische und dauerhafte Betreuung solcher Katzenbestände mit konsequenter Kastration schaffen, heißt es darin. Die Städte und Gemeinden werden ausdrücklich aufgefordert, die Tierschutzvereine dabei zu unterstützen und sich an den notwendigen Maßnahmen finanziell zu beteiligen.

 

Hilfe für Katzen gemeinsam mit Kommunen und Tierschützern

Tierschützer fordern seit langem eine Kastrationspflicht für frei laufende Katzen. Als Vorbild dient die Stadt Paderborn, wo diese Pflicht seit 2008 besteht und erste Erfolge aufzeigt. Die oft von den Kommunen geforderten Fütterungsverbote für frei lebende Katzen sind aus inhumanen Gründen abzulehnen, das widerspricht ganz klar dem deutschen Tierschutzgesetz und dem Staatsziel Tierschutz. Stattdessen möchten Tierfreunde in Zusammenarbeit mit den Kommunen betreute Futterstellen für die herrenlosen Tiere einrichten und so deren Populationen kontrollieren.

Für die Tierschützer der Tierhilfs- und Rettungsorganisation e.V. sind die Empfehlungen des Landesbeirates für Tierschutz leider nicht mehr als ein Blatt Papier, das bekanntlich geduldig ist – geduldig wie die Behörden nicht nur in ihrem Fall, sondern grundsätzlich, wenn es um die Frage geht, wie man mit den verwilderten Katzenpopulationen tiergerecht und nachhaltig umzugehen hat.


Informationen erteilt die Tierhilfs- und Rettungsorganisation e.V., 77743 Neuried-Ichenheim, Werderplatz 3, Telefon 0 78 07 / 94 91 81

Spendenkonto: Volksbank Lahr eG, BLZ 682 900 00, Konto 260 815 05 „Katzenaktion“